Nachdenken über die Situation der Pfarrgemeinde, zugleich den Blick öffnen für die Sorgen und Nöte des Lebensumfeldes in den Städten und Gemeinden, in denen wir Katholiken leben – unter diesem Motto stand der erste Zukunftstag der Katholischen Pfarrgemeinde Bodenwerder mit den Kirchorten Bodenwerder, Eschershausen und Stadtoldendorf.
Eingeladen hatte Pfarrer Michael Kreye. Sein Ziel: „Wir wollen Vor-Denken in die nächsten Jahre und Wege in die Zukunft unserer Gemeinde und der politischen Heimatgemeinden entdecken“.
Unter Leitung von Hermann Wessling (Bad Münder) und Hans-Georg Spangenberger (Hameln) befassten sich Frauen und Männer der Pfarrgemeinde, verstärkt durch Gäste aus dem politischen Raum (von der Samtgemeinde Eschershausen – Stadtoldendorf waren Samtgemeindebürgermeister Wolfgang Anders und Stadtoldendorfs Bürgermeister Helmut Affelt erschienen) mit den Stärken und Schwächen der Kirchengemeinde und des Sozialraums, in dem sie beheimatet ist.
Schnell wurde klar, dass Sorgen der Kirchengemeinde (Demographische Entwicklung mit der Folge eines hohen Anteils älterer Frauen und Männer und zurückgehender Kinderzahlen; Rückgang ehrenamtlich tätiger Männer und Frauen; Diskussion um Zusammenlegung von Gemeinden, Kreisen bzw. Dekanaten) auch Sorgen in den politischen Gemeinden sind.
Diesen Problemen steht aber Potential sowohl im kirchlichen als auch im kommunalen Bereich gegenüber: Auf der kirchlichen Ebene konnte befriedigt zur Kenntnis genommen werden, dass die ökumenische Zusammenarbeit in allen Gemeindebereichen eine gute Entwicklung genommen hat und weiter nimmt. Überall gibt es eine „Kerngemeinde“, die bemüht ist, das Leben vor Ort am Laufen zu halten. Spürbar wird nicht nur zur Weihnachtszeit ebenso ein Bedürfnis vieler Menschen nach dem Erleben von Gemeinschaft und nach Erfahrungen jenseits der Alltagsvollzüge zwischen Familie, Arbeit und Freizeit. Einig waren sich die Teilnehmer darin, dass eine Region, die von Abwanderung und Arbeitsplatzverlusten bedroht ist, es verdient hat, wahrgenommen und unterstützt zu werden. Das Potential unseres Lebensumfeldes mit den vorhandenen Ressourcen Natur und Kultur bietet Ansatzpunkte, die nicht nur für den Tourismus interessant sind.
Allerdings muss Kirche ihren „Platz im Leben“ dieser Region immer wieder neu bestimmen. So wichtig dabei der Blick auf die eigene Entwicklung von Strukturen und Angeboten ist, wird sie in der Öffentlichkeit doch eher durch ihre diakonische Praxis erlebt. Wichtig: Kirche vor Ort muss „ein Gesicht“ haben! Dabei kommt der Kooperation mit politischen Gremien, insbesondere aber den sozialen Verbänden und Gruppen eine große Bedeutung zu.
Ausgangspunkt für jegliches kirchliches Engagement ist die Botschaft Jesu, die die Kirche leben und weitergeben soll. Diese Botschaft von der Liebe Gottes zu allen Menschen und vom Anbruch des Reiches Gottes (immer dort, wo Menschen diese Liebe Gottes leben und aus ihr heraus handeln) verpflichtet Kirche, sowohl im Umgang untereinander als auch im Wirken außerhalb kirchlicher Gemeinde diese Prinzipien zu leben.
Deutlich brachte der Zukunftstag im Blick auf die überörtliche Situation der Kath. Kirche die Erwartung an die zuständigen Gremien in Bistümern und Bischofskonferenz, dass Unrecht und Fehlverhalten unzweifelhaft aufzuklären und zu ahnden ist. Dies ist Voraussetzung dafür, dass Kirche sowohl in der großen Politik, als auch in der kleinen Nachbarschaft der Kommune, der Gemeinde und des Dorfes ernst genommen werden kann.
Wichtige Voraussetzung, um zu einer guten Zukunft unserer Region beizutragen und die eigene Entwicklung positiv voranzubringen, ist zum einen die Fortführung des ökumenischen Dialogs und seine Ausdehnung auf weitere Religionsgemeinschaften.
Zum anderen wurde deutlich, dass sich Menschen durchaus ansprechen lassen, mitzutun, wenn sie persönlich angesprochen und sich in ihrer Lebenssituation angenommen fühlen.
Katholische Kirche vor Ort wird sich deshalb fragen müssen, wie Menschen in ihren jeweiligen Lebenssituationen (z. B. bei Trennung und Scheidung) in der Kirche Zuspruch und Heimat finden können.
Konkrete Vorhaben wurden im letzten Teil des Workshops entwickelt. Sie werden im Laufe dieses und des nächsten Jahres auf Umsetzbarkeit geprüft und erprobt. So gibt es Ideen, in Kirchorten sogenannte „Kirchentage“ in Zusammenarbeit mit den anderen Kirchen und Religionsgemeinschaften anzubieten.
Verstärkt soll das Augenmerk auf die nachwachsende Generation gelegt werden. Gerade im Hinblick auf den deutlichen Rückgang von jungen Familien und Kindern in unserer Region ist dies sowohl für Kirche, als auch politische Verwaltungseinheit die entscheidende Zukunftsfrage.
Nahe beim Menschen sein bedeutet, sich um eine gute Pastoral für die älteren Mitbürgerinnen und Mitbürger in den Heimen und in den Ortschaften zu bemühen. Neu Zugezogene sollen gezielt angesprochen werden. Offene Veranstaltungen („Bunte Gemeinde“) sind ein weiterer Aspekt, der verfolgt werden soll.
Umbruchsituationen können auch Anlass geben, in einer Kirche bauliche Veränderungen vorzunehmen. Wenn Kirche den Satz des Zweiten Vatikanischen Konzils ernst nehmen will, dass sie als „pilgerndes Volk Gottes“ auf dem Weg ist, müssen auch die „Zelte“ immer wieder neu aufgebaut werden.
So mag in Zukunft die eine oder andere Kirchenbank weichen, um Platz zu machen für eine altersangemessene katechetische Begleitung von Kindern und jungen Familien und als Gebäude das Gefühl von Heimat und Angenommensein auszustrahlen.
Kirche sollte sich am Netzwerk Sozialer Einrichtungen und Verbände stärker beteiligen. Dabei kommt dem gemeinsamen Tun Bedeutung zu, weil viele Einrichtungen, die ehrenamtlich tätig sind, mit dem gleichen Problem zu kämpfen haben. Gemeinsam lassen sich Aufgaben anpacken, die Einzelne nicht mehr alleine bewältigen können (z.B. gemeinsame Besuchsdienste).
Zugang zu den Menschen in unserer Region heißt auch, jenseits des Gemeindeblättchens für Interessierte erreichbar zu sein. Die Homepage der Katholischen Kirchengemeinde unter www.https://kath-kirche-best.de soll ausgebaut und stärker genutzt werden.
Schließlich verspricht sich die Katholische Kirchengemeinde von einer Verstärkung der ökumenischen Zusammenarbeit zusätzliche Impulse. So gibt es Ideen, den vorhandenen Pilgerweg Loccum-Volkeroda, der geographisch den Raum der katholischen Pfarrgemeinde durchläuft, stärker im ökumenischen Geist zu nutzen.
Zum Ende des Workshops wurde beschlossen, in einem Jahr zum zweiten Zukunftstag einzuladen, die gestarteten Aktivitäten auszuwerten und den Dialog auf ökumenischer Ebene und mit der Politik fortzuführen.
Martin Pfeffer