Seit fast einem Monat bin ich jetzt als Freiwillige hier in der Hauptstadt Chiles und möchte euch allen endlich einmal ein bißchen (mehr) berichten von meinen Erlebnissen und Erfahrungen hier.
Meine Reise begann am 24.August, als meine Familie mich zum Flughafen gebracht hat. Ich wohne mittlerweile in einem Haus für Freiwillige mit zwei WG-Partnern, Malte aus Flensburg und Daniela aus der Schweiz und das läuft einfach super. Das Haus ist eines von 5 Freiwilligen-WGs der Fundacion Cristo Vive hier in Santiago. Die Gründerin der Fundacion, Karoline Mayer kam vor mehr als 40 Jahren nach Chile und hat in den letzten 20 Jahren hier eine Stiftung gegründet, die den Menschen in den Randgebieten von Santiago Chancen bietet, die sie sonst wahrscheinlich nicht hätten aufgrund von Armut. Heute gibt es in Recoleta, das ist das Viertel, in dem ich lebe einen riesigen Kindergarten, eine Kinderkrippe, eine Einrichtung für behinderte Kinder und Jugendliche, ein Krankenhaus das mehr als 20.000 Menschen versorgt, die sich einen Besuch beim Arzt sonst nicht leisten könnten und eine Ausbildungsstätte für Jugendliche, in der sie in einer Lehre zu Tischlern, Elektrikern oder Mechanikern ausgebildet werden. Es ist unglaublich zu sehen, dass das alles entstanden ist um den Menschen hier zu helfen. Als ich ankam war ich zunächst schockiert von den Lebensverhältnissen im Viertel und noch viel mehr davon, dass es nur ein paar Kilometer weiter scheint, als sei man in einer anderen Welt. Inzwischen habe ich gelernt, dass man zum Leben so viel weniger braucht, als das was uns allen in Deutschland zur Verfügung steht. Und das materieller Reichtum auch nicht das Wichtigste ist… Ich habe das Gefühl, dass die Menschen hier vielmehr Anteil nehmen an den Problemen und Freuden ihrer Nachbarn.
In meiner Arbeit in der Kinderkrippe (Salacuna) erlebe ich Tag für Tag, dass die Kinder, die oft leicht aggressiv werden ganz viel Zuwendung, Liebe und Geduld brauchen die sie wahrscheinlich zu Hause nicht bekommen. Manchmal frage ich mich, ob die Arbeit nicht ohne mich ganz genauso ablaufen würde, aber vielleicht ist es gerade meine Anwesenheit, die den Menschen hier zeigt, dass sie mir nicht egal sind.
Die letzte Woche habe ich dann mein erstes Erdbeben erlebt. Mitten in der Nacht fingen auf einmal die Wände an zu wackeln und ich hab mich ganz schön erschreckt, muss ich sagen. Denn ich hab überhaupt keine Ahnung gehabt, was ich hätte tun müssen, wenn es ein schlimmeres Beben gewesen wäre (mittlerweile weiß ichs aber).
Und dann waren an diesem Wochenende noch die Fierstas Patrias in denen das ganze Land die Unabhängigkeit von der spanischen Kolonialherrschaft feiert. Überall sind die Strassen geschmückt mit Chileflaggen und viele Chilenos laufen mit traditionellen Kleidern herum. Am 18.September einem der Nationalfeiertage, waren meine WG-Leute und ich bei einem Bekannten eingeladen um mit ihm und seiner Familie diesen festlichen Tag zu feiern. Für mich war das echt was Besonderes, dass wir dort dabei sein durften, wir haben gegrillt (Asado), uns unterhalten und waren einfach so mit dabei und es war total schön.
Ansonsten treffe ich mich momentan noch viel mit den anderen Freiwilligen aus Deutschland und mit Katrin, die mit mir zusammen die Vorbereitung gemacht hat und jetzt auch hier in Santiago ist. Es tut gut, jetzt am Anfang ein paar Deutsche dabei zu haben, mit denen man über alle Erlebnisse reden kann, denn auch wenn ich jahrelang Spanisch gelernt habe kann ich manchmal doch trotzdem nicht so ausdrücken, was ich sagen will.
Am Wochenende habe ich mich bisher ab und zu mit einem Freund meines Bruders getroffen und mit seiner Jugendgruppe (den Gen) bin ich auch schon in einem Haus gewesen, wo Obdachlose abends hingehen können und dort für wenig Geld ein Bett zur Verfügung gestellt bekommen. Wir haben ihnen warmen Tee und Kaffe und belegte Brote gebracht, aber die größte Hilfe war wahrscheinlich eher das Anhören ihrer Lebensgeschichten und die Zeit, die wir uns für sie genommen haben. Mir hat das gut gefallen und ich möchte auf jeden Fall nächstes Mal wieder mit dorthin.
Ich bin dankbar, dass ich die Möglichkeit habe, hier zu sein, neue Kulturen und Menschen kennenzulernen und ganz andere Welten zu entdecken und hoffe, dass die Menschen hier am Ende des Jahres dasselbe von mir sagen können….